Kosmogene Radionuklide
Die Erde steht unter kontinuierlichem Beschuss durch galaktische und solare kosmische Strahlung. Kernreaktionen, z. B. mit dem Sauerstoff oder Stickstoff in der Atmosphäre und in den Gesteinen an der Erdoberfläche, produzieren kosmogene Nuklide. Diese können genutzt werden, um eine Reihe von geologischen Prozessen zu untersuchen. Aufgrund der niedrigen Produktionsraten (wenige Atome pro Jahr und Gramm Material; siehe Tabelle 1) sind die Konzentrationen terrestrischer kosmogener Nuklide in natürlichen Materialien extrem niedrig. Mit der Beschleuniger-Massenspektrometrie (Accelerator Mass Spectrometry, AMS) können wir Konzentrationen von 103 - 105 Atomen pro Probe nachweisen!
Anwendungen
Expositionsalter und Erosionsraten. Langlebige kosmogene Radionuklide wie z. B. 10Be, 26Al und 36Cl werden in situ in exponiertem Gestein produziert. Die Akkumulation dieser Nuklide kann dazu genutzt werden, das Alter bestimmer geologischer Ereignisse zu bestimmen, welche frisches Gestein an die Erdoberfläche bringen, wie zum Beispiel Bergstürze, Erdbeben oder vulkanische Eruptionen. Die Expositionsdatierung von Moränenblöcken und Festgestein mit Gletscherschliff gibt Aufschluss über das Alter und die Ausdehnung vergangener Gletschervorstöße und wird dazu benutzt, die Klimaschwankungen der letzten Millionen Jahre zu rekonstrunstruieren. Nuklidkonzentrationen in Flusssedimenten spiegen die Abtragungsraten im Einzugsgebiet des Flusses wieder und quantifizieren Erosion und Sedimenttransport und -ablagerung. "Burial dating", d.h. die Datierung des Zeitpunktes, seitdem ein Objekt nicht mehr der kosmischen Strahlung ausgesetzt ist, kann zum Beispiel das Alter von Flussterrassen bestimmen, findet aber auch Anwendung in der Archäologie.
Meteorische kosmogene Nuklide. Kosmogene Nuklide, die in der Atmosphäre gebildet werden, kommen über den Wasserkreislauf in Böden und werden in feinkörnigen Sedimenten adsorbiert. Gletschereis, welches über tausende von Jahren akkumuliert wurde, aber auch See- und Meeressedimente und Tiefsee-Mangankrusten sind daher Archive von meteorischen 10Be- und 26Al-Konzentrationen über diese Zeitskalen. Kosmogene Nuklide können genutzt werden, um diese Archieve zu datieren. Andererseits liefern Sediment- und Eisbohrkerne Einblicke in zeitliche Variationen von Nuklidkonzentrationen, z. B. aufgrund von Variationen der Sonnenaktivität. Kosmogene Nuklide sind daher auch für Paläoklima-Rekonstruktionen wichtig.
Eine einzugsgebietsweite Erosionsrate ("catchmentwide erosion rate"), die aus der 10Be-Konzentration im Quarz einer Flusssandprobe bestimmt wird, ist in der Regel aufschlussreicher als die Erosionsrate eines einzelnen Festgesteinsaufschlusses. riversand
ist ein von unserer Gruppe entwickeltes Python Paket zur Berechnung von einzugsgebietweiten Erosionsraten aus einem digitalen Geländemodell (Geotiff) und den Umrissen der Einzugsgebiete (Polygon-Shapefile) sowie den kosmogenen Nuklidkonzentrationen im Quarz der Flusssandproben. Im Gegensatz zu bisherigen Rechnern wird die Nuklidproduktion für riversand
von G. Balco's online Rechnern (hess.ess.washington.edu, stoneage.ice-d.org oder stoneage.hzdr.de) bestimmt. Die online Rechner sind weit verbreitet bei der Berechnung von punktbasierten Expositionsaltern und Erosionsraten und die Ergebnisse sind somit vollständig kompatibel.
Die Berechnung von Erosionsraten mit riversand
ist für alle implementierten Produktions-Skalierungsmethoden (St, Lm, LSDn) gleichermaßen schnell (wenige Sekunden für ein Einzugsgebiet) und unabhängig von der Größe des Catchments oder der Auflösung des Geländemodells; es besteht keine Notwendigkeit, sich auf ein zeitunabhängiges Skalierungsmodell zu beschränken, um die Rechenzeiten kurz zu halten. Das Paket kann von PyPI oder github heruntergeladen werden und umfaßt auch ein kurzes Tutorium mit einem Test-Datensatz.
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Projekte und Kollaborationen
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Literatur
Grundlagen
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Eigene Publikatinonen (siehe auch hier)
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